Mit Mut in die Ungewissheit
In der Wirtschaft geht es darum, als Unternehmen über Generationen hinweg finanziell erfolgreich zu sein. Da sich die Rahmenbedingungen ständig ändern und der Wettbewerb nie schläft, müssen sich Unternehmen immer wieder neu erfinden. Dazu ist Führung gefragt.
Bei Führung geht es nicht um denjenigen, der führt – sondern um die, die geführt werden. Schauen Sie sich in Ihrem Unternehmen um: Was wird aus den Menschen, die geführt werden? Sorgen die Anführer (Vorstände, Geschäftsführer, Bereichsleiter, Teamleiter …) dafür, dass die Menschen fähiger, mental stärker, mutiger werden? Halten die Anführer die Menschen auf dem Status quo oder machen sie sogar kleiner und ängstlicher?
Wie kann Führung gelingen?
Eigentlich ist es einfach: Wer ein Unternehmen führen will, der muss Menschen führen. Wer Menschen führen will, der muss sich selbst führen. Wer sich selbst führen will, muss wissen, wohin er will.
Vergessen Sie die ganzen Modeerscheinungen der Führungs- und Managementwelt. Denn sie sind genau das: Modeerscheinungen. Sie kommen und gehen. Und Manager, die ihre Führungs-Outfits ständig dem Trend anpassen, schaffen es nur selten, Leidenschaft und Herzblut in der Belegschaft zu entzünden.
Statt also ins nächste Trend-Outfit zu schlüpfen, fragen Sie sich: Wie werde ich zu einer echten Führungspersönlichkeit? Zu jemandem, dem die Menschen gerne und freiwillig folgen wollen.
Meine Erfahrung zeigt mir: Dazu gibt es keinen einheitlichen Weg. Viel entscheidender ist, dass Sie den Mut haben, Ihren eigenen Weg zu gehen. Werden Sie ein Mensch, der nicht auf Schein setzt, sondern so führt, wie er ist und wie er es am besten kann. Also: mehr Sein als Schein.
Doch bei aller Individualität gelten für alle Anführer die gleichen Erfolgsprinzipien.
Erfolgsprinzip Nr. 1: Zeigen Sie zum Horizont.
Wer ein Unternehmen führt, muss dessen Energie auf Spannung halten. Muss die Menschen fokussieren, damit sie sich nicht im Chaos verlieren. Es ist nicht nur die Pflicht, sondern auch das Privileg guter Führung, eine Richtung aufzuzeigen. Dem Unternehmen seinen eigenen Horizont zu geben, auf den es zustrebt. Wo es seine Energie bündelt. Am Horizont warten die Chancen darauf, ergriffen zu werden. Hier verdichten sich anspruchsvolle Ziele.
Wenn die Zukunft auf Grund von stabilen Verhältnissen vorhersehbar ist, erscheint der Horizont einfach. Doch wenn die Zukunft ungewiss ist. Wenn um einen herum nur noch Nebel die Sicht verdeckt. Wenn selbst sicher geglaubte Gewissheiten auf einmal keinen Bestand mehr haben. Dann werden die Fragezeichen immer größer: Wo wollen wir eigentlich hin?
Natürlich können Sie jetzt blind dem lauten Gebrüll über Megatrends, verlockenden Vorhersagen oder gleich Ihren Wettbewerbern hinterherrennen. Doch Wahrscheinlichkeiten und Mehrheitsmeinungen sind noch lange keine Wahrheiten. Ihr Horizont liegt mit Sicherheit nicht da, wo alle hinrennen. Es ist vielmehr Ihr Mut gefragt: Mut, Ihren eigenen Horizont zu entwickeln.
Wenn Ihr Horizont etwas Originelles ist, wenn er dort ist, „wo Milch und Honig fließen“, gewinnen Sie Anziehungskraft. Die brauchen Sie, damit Sie als Unternehmen erfolgreich sind. Anziehungskraft, die die richtigen Kunden, die richtigen Partner und die richtigen Mitarbeiter anlockt. Richtig im Sinne von tatkräftigen Unterstützern, die Lust haben, den Weg Richtung Horizont mit Herzblut erfolgreich zu machen. Wenn Sie Ihren Horizont gestalten, führen Sie.
Erfolgsprinzip Nr. 2: Erzählen Sie den Weg.
Häufig erlebe ich, dass die Menschen den Horizont verlockend finden. Sie zögern jedoch wegen des Weges dorthin. Das Ziel erscheint zwar klar. Aber was lauert alles auf dem Weg? Hindernisse, Konflikte, fehlender Wille, fehlende Konsequenz, Fehler, Scheitern … Die Anzahl der Wegelagerer und Feinde ist lang.
Deswegen ist es wichtig, dass Sie den Weg in eine gute Geschichte packen. Sie muss gar nicht lang sein. Aber verständlich und vor allen Dingen nach dem Höchsten streben.
Verfallen Sie erst gar nicht in die vermeintliche Höflichkeit nach dem Motto: Wir setzen unsere Ansprüche niedrig, damit sich möglichst alle gut fühlen. Seien Sie lieber ehrlich und erzählen Sie, was notwendig ist, um die Reise erfolgreich zu machen.
Die Menschen haben ein feines Gespür für Wahrhaftigkeit. Natürlich hören wir gerne: Es gibt einen bequemen Weg zum Erfolg. Doch wir wissen alle: Wer etwas erreichen will, muss sich dafür anstrengen.
Also, erzählen Sie uns: Wo wollen Sie hin (Horizont)? Wie wird es dort sein (Gründe, aufzubrechen)? Wie kommen wir dort hin (Aufbruch und Bewegung)?
Erfolgsprinzip Nr. 3: Sorgen Sie für Aufbruch und gehen Sie voran.
Wenn Sie scheitern wollen, führen Sie mit dem Befehl: „Mach das!“. Wenn Sie gewinnen wollen, fordern Sie lieber auf: „Komm mit!“ Und gehen Sie voran.
Alle großen Führungspersönlichkeiten waren nicht nur wahrhaftig, sondern gingen auch voran.
Churchill musste das Parlament auf die Härten und Leiden des Krieges einstimmen. Er versprach Blut, Schweiß und Tränen. Und die Menschen folgten ihm.
Gandhi schritt voran auf dem Weg des friedlichen Widerstands, um Indien in die Unabhängigkeit zu führen. Und die Menschen folgten ihm.
Auch in der Wirtschaftswelt entsteht Großes, wenn Unternehmer den Mut haben, offen und gradlinig zu agieren und zu kommunizieren. So lockte Henry Ford die Kunden zugunsten eines einfachen und billigen Produktionsprozesses mit dem Versprechen: „Sie können das Modell-T in jeder Farbe haben, sofern sie schwarz ist“. Und die Menschen folgten ihm.
Auch heute erlebe ich in den Unternehmen viele Führungskräfte, die die Menschen fordern, nach dem Besten zu streben, was sie leisten können. Sie inspirieren, indem sie keine Befehle erteilen, sondern indem sie mutig vorangehen.
Bringt die Zukunft auf jeden Fall Erfolg?
Führung bringt Sie nicht nur nach vorne. Führung findet vor allem auch vorne statt. Zur Klarstellung: Vorne ist nicht an der Spitze des Organigramms oder auf dem Feldherrenhügel. Vorne ist da, wo Sie von den Menschen gesehen werden. Dazu brauchen Sie Mut. Phantasie. Intelligenz. Viel Energie. Selbstvertrauen, das stärker ist als all die Selbstzweifel. Und vor allen Dingen: Wahrhaftigkeit. Hören Sie also auf, sich zu verstellen oder etwas darzustellen. Sonst ersaufen Sie im Ozean der Konjunktur oder werden vom Wettbewerb einfach umgerannt.
Ob die Menschen Ihnen garantiert folgen werden? Ängstliche Führungs-Darsteller drehen sich zweifelnd um. Doch ihr Zaudern wird bestraft wie das von Orpheus in der griechischen Mythologie.
Seine Frau Eurydike starb an einem Schlangenbiss. Er wollte sie wieder zurück ins Leben holen. Dazu stieg er voller Schmerz in die Unterwelt. Mit Gesang und Lyra flehte er Hades an, seine Frau zurückzugeben. Seine Musik verzauberte selbst den Höllenhund Kerberos. Also gab Hades nach, stellte aber eine Bedingung: Orpheus durfte sich beim Aufstieg in die Oberwelt nicht umdrehen. Gesagt, getan: Orpheus stieg voran. Doch er hörte Eurydikes Schritte nicht mehr. Von Zweifeln gequält, blickte er zurück. Die Konsequenz folgte sogleich: Seine Frau verschwand für immer in der Unterwelt.
Seien Sie also mutig und vertrauen Sie auf die Kraft Ihres Horizonts. Drehen Sie sich nicht um. Ob die Menschen Ihnen folgen, wissen Sie, wenn sie auf dem Weg gen Horizont neben Ihnen auftauchen. Die Zukunft gehört den Mutigen. Wir brauchen Sie!